Englischer Winterquittenapfel; ©BUND Lemgo
Der Name des heutigen Apfels des Tages klingt wieder interessant: Englischer Winterquittenapfel. Das Jahr begann ja schon mit dem Decarie, der einen quittenartigen Geschmack hatte. Und zwischendurch gab es auch einen „Quince“, was das englische Wort für Quitte ist. Die Geschmacksrichtung „Quitte“ gibt es häufiger, als ich mir das vorgestellt hätte. Allerdings verdankt der heutige Apfel seinen Namen dem Aussehen, das die Abbildung aus Johann Lexa von Aehrenthals (1777-1845) „Deutsche Kernobstsorten“ (PDF, erschienen 1833) gut belegt.
Der Englische Winterquittenapfel ist identisch mit dem Winterquittenapfel, stammt aus England und hattte sich im 19. Jahrhundert in Deutschland ziemlich verbreitet.
Der Apfel ist etwas länglich aussehend oder auch kugelförmig. Vom Kelch erheben sich flache Rippen, die auch häufig und deutlich etwas kalwillartig über die Frucht verlaufen und dabei die Form in ihrer Rundung etwas verschieben.
Da der Stiel für die Sorte charakteristisch ist, weise ich diesmal auf ihn hin: Es ist ein dicker Knubbel, oder fachmännisch mit Aehrenthal gesprochen:
„eine Fleischwulst, die häufig unförmlich auf der untern Wölbung ohne alle Einsenkung aufsitzt, und mancherlei Formen bildet. Nur selten steht ein holziger, 1 Zoll langer Stiel in einer schönen Einsenkung.“
Die Farbe der zähen, sich geschmeidig anfühlenden Schale ist zunächst strohweiß, beim Reifen wird ein Zitronengelb daraus. Selten gibt es auf der Sonnenseite einen leichten, erdartigen roten Anflug. Auch kommt manchmal ein zerstreuter, feiner hellbrauner Rost vor, und nicht selten
auch schwärzliche Rostflecken. Punkte sind oft gar nicht zu bemerken, oder sehr zerstreut, fein und
hellbraun. Die Frucht hat einen feinen angenehmen Geruch und welkt nicht.
Das weiße, sehr saftige Fruchtfleisch ist fein, markig, und es hat einen angenehmen, frischen, gewürzhaften und süß-weinsäuerlichen Geschmack.
Die Genußreife beginnt im November und Dezember, der Apfel hält sich den ganzen Winter hindurch. Aehrenthal stuft ihn als „vom I. Range“ ein. Der Baum wächst sehr kräftig und bringt guten Ertrag.
Eduard Lucas (1816-1882) beschreibt die Sorte im „Illustrierten Handbuch der Obstkunde“ (PDF, 1875 erschienen). Er zählt noch weitere Namen auf, so die Französische Quitten-Reinette, Corneli’s frühe gelbe Herbst-Reinette, den Amerikanischen Kaiser-Apfel, die Wahre weiße Herbst-Reinette, den Norfolk Storing oder den Lemon Pippin.
Bei ihm ist die Schale als zunächst grünlich gelb, später auch kräftig zitronengelb und auf der Sonnenseite schön goldartig. Er gibt die Haltbarkeit konkreter mit „bis Juni und länger“ an. Es sei ein recht guter Tafelapfel, als Wirtschaftsapfel sogar vortrefflich, um Obstwein oder Marmelade daraus herzustellen.
Interessant finde ich seine Beobachtung, daß der Winterquittenapfel, wenn er auf einen Johannis-Apfel gepfropft wird, besseren Ertrag bringen soll. Schon spannend, wie die Pomologen im 19. Jahrhundert herumexperimentierten.
Das heutige Kalenderblatt zeigt nicht die obige Abbildung sondern den bei „Lemgo“ zu findenden „Roten Kardinal“. Laut Eduard Lucas ist dieser jedoch wahrscheinlich mit dem „Englischen (Winter)quittenapfel“ und dem „Roten Sommer-Rambour“ identisch.
Vielen Dank. Ich war etwas verwundert, hatte das aber vorher nicht mehr kontrolliert, sondern mir gleich den beim BUND Lemgo aufgeführten Winterquittenapfel „geschnappt“. Und mich dann später kurz gewundert, weil der Apfel auf dem Kalenderblatt farblich doch deutlich anders aussah. Ich hatte dann angenommen, daß der Verlag eventuell eine andere Druckfassung der „Deutschen Kernobstsorten“ vorliegen hatte. Aber mit Ihrem Hinweis klärt sich das sehr schön auf.
Die Abbildung des „Roten Kardinal“ bei „Lemgo“ stammt übrigens auch von Aehrental.