AdT: Prachtreinette – oder so (und ein Blick in weitere Fachliteratur) (25.05.2018)

Historische Abbildung zweier gelber und eines aufgeschnittenen Apfels; BUND Lemgo Obstsortendatenbank

Die Prachtreinette von Christian Eduard Langethal; ©BUND Lemgo

Der heutige Apfel des Tages, die Prachtreinette, ist auch schon wieder so ein Synonym-Apfel: Sie wird auch als Pariser Rambour-Renette geführt, die wiederum mit der Kanadarenette identisch sein soll. Und dann haben wir noch die Weiberrenette und die Weiße antillische Renette, die auch zusammengehören. In Johann-Heinrich Rolffs Apfel-Band gibt es eine geradezu schwindelerregende Vielzahl von Synonymen.

Immerhin habe ich durch den Apfel wieder alte Fachliteratur kennengelernt. Was mich ja auch interessiert – es ist schon toll, welche Journale es so alles gab, lange vor unserer Welt des ungebgrenzten Wissens in diesem Internetz.

Da ist Wilhelm Walkers „Obst-Sorten in der Obstbaumschule der Königlich Württembergischen Land- und Forstwissenschaftlichen Lehranstalt in Hohenheim“, 1823 in Tübingen veröffentlicht

Es gab das „Regierungs- und Intelligenzblatt für das Herzogtum Coburg“ aus dem Jahr 1857 – wer würde da nicht zugreifen!

Dann das „Gartenbuch oder Anleitung zur Erziehung, Pflanzung und Pflege aller Küchengewächse, Obstbäume und Zierpflanzen. Für Gartenliebhaber, Gutsbesitzer und Gärtner“ von Johann Metzger aus dem Jahr 1864.

„Der Obstbaumfreund: leichtfasslicher Unterricht in der Obstbaumzucht, für Landleute“
von Ferdinand W. Rubens, 1846 in Stuttgart erschienen.

Den 1855 herausgegebenen „sicheren Führer in der Obstkunde auf botanisch-pomologischem Wege, oder Systematische Beschreibung aller Obstsorten“ des Naturforscher und Pomologe Friedrich Jakob Dochnahl (1820-1904).

In der „Monatschrift für Pomologie & praktischen Obstbau“ wird die Namensvielfalt ganz schön erklärt:

„Die verschiedenen Benennungen und Beschreibungen werden zum Theil daher kommen, daß die Frucht nicht in allem Boden oder Jahren ihren sehr edeln Geschmack hat.“

In „Pomona: allg. deutsche Zeitschr. für d. gesamten Obst- u. Weinbau …“ Nr. 19 & 20 vom 9. Mai 1857 verweist der schon oben genannte Herausgeber Friedrich Jakob Dochnahl ebenfalls auf die Namensgleichheit bei den meisten Pomologen hin und ergänzt:

„Herr Kalchhauser würde sich verdient machen, wenn er Früchte, Blätter und Reiser dieser beiden Sorten zum Vergleiche an einen tüchtigen Pomologen zur Untersuchung einsenden würde.“

Dieser Herr Kalchhauser war Gärtner der k.k. Landwirthschafts-Gesellschaft in Wien. Er hatte unter dem Titel „Vorzügliche Apfelsorten“ einen Artikel veröffentlicht, in dem er zahlreiche Apfelsorten vorstellte und einschätzte.

Im Wikipedia-Artikel zu Dochnahl heißt es:

„Der Botaniker Norbert Holstein und sein Kollege Werner Greuter schlugen im Mai 2016 vor, Dochnahls gesammelte Schriften künftig bei wissenschaftlichen Arbeiten zu unterdrücken“

– was erst einmal recht heftig klingt. Doch der verlinkte und interessante Artikel „Sag mir, wie der Apfel heißt“ von Jörg Albrecht aus der FAZ vom 7. Oktober 2016 deutet stark darauf hin, daß Dochnahl eine eher schillernde Wissenschaftler-Figur gewesen zu sein scheint ….

Und sonst:

Aus dieser ganzen Namensverwirrung swinge ich mich mit Nina Hagen & der Leipzig Big Band heraus und singe mit: „Let’s Call The Whole Thing Off“

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