AdT: Violetter Kardinal – oder doch der Königskalvill? (04.08.2018)

Historische Abbildung eines rot-violetten Apfels; BUND Lemgo

Der Violette Kardinal; ©BUND Lemgo

Der heutige Apfel des Tages sieht mal wieder richtig imponierend aus, aber das gehört sich wahrscheinlich auch für einen Violetten Kardinal. Die Abbildung findet sich in Johann Lexa von Aehrenthals (1777-1845) 3. Band seiner „Deutschen Kernobstsorten“ (PDF, S. 99, erschienen 1842).

Den Apfel beschreibt er als oft groß, meistens aber nur ansehnlich groß, sehr schön und köstlich. Verwendbar ist er als Tafel- und Küchenapfel. Seine Form ist sanft gerippt und plattrund, und die Form erinnere an den Roten Kardinalsapfel.

Die Grundfarbe der sehr dünnen und nicht fettigen Schale ist zunächst ein schönes Hellgrün – Aehrenthal verwendet hier den Ausdruck “Seladon“.

Kleiner Exkurs: Seladon bezeichnet ein Meergrün, was sich vom französischen „celadon“ herleitet. Das wiederum verweist auf eine Romanfigur aus dem 1610 erschienenen Roman „L’Astrée“ von Honoré d’Urfé (der Wikipedia-Artikel ist sehr lesenswert), die dann im Französischen als Synonym für schmachtende Liebhaber verwendet wurde.

Durch die Reifung wird das Hellgrün zu einem hellen Blaßgelb, und am Baum ist die Schale mit einem schönen blauen Duft belaufen. Bei freihängenden Früchten ist die Grundfarbe aber nur sehr wenig zu sehen, gewöhnlich nur um den Kelch herum. Die ganze übrige Schale ist mit einem hellen, schönen Rot, das etwas violett schillert, verwaschen überdeckt.

Zur Schattenseite hin wird dieses Rot etwas trüber und überzieht nur ganz dünn die durchschimmernde Grundfarbe. Bei etwas beschatteten Früchten dagegen erscheint die Grundfarbe ganz rein. Richtige Punkte sieht man nur einige in der starken Röte, zur Schattenseite hin sind dagegen kleine hellrote Flecken oder Tupfen zu sehen.

Die Schale hat einen sehr angenehmen Violengeruch, der mit der Reife sehr stark ausgeprägt ist; die Schale welkt fast gar nicht, wenn der Apfel spät gepflückt wird.

Das feine Fruchtfleisch ist weiß, markig, weich und saftvoll; es hat einen sehr angenehmen Zuckergeschmack.
Genußreif ist der Violette Kardinal im November, er hält sich sechs Wochen. Und daher ist er für Aehrenthal vom ersten Rang.

Der Baum wächst lebhaft, wird aber doch nur mittelmäßig groß. Er trägt frühzeitig und jährlich.

Und jetzt kommt noch die Frage, die ich schon im Titel angedeutet habe: Ist der Violette Kardinal identisch mit dem Königskalvill? So steht es auf der Abbildung (das ist allerdings nicht die Original-Beschriftung), so hat ihn Johann Georg Conrad Oberdieck (1794-1880) im „Illustrierten Handbuch der Obstkunde“ (PDF) eingeordnet, und unter diesem Namen ist der Apfel auch beim BUND Lemgo einsortiert.

Ich habe mir Oberdiecks Text zwei Mal durchgelesen, schlauer bin ich danach nicht geworden. Da gibt es einen Rest von „Einerseits, andererseits“. Auch Rolff scheint auf Nummer sicher zu gehen und zählt beide Sorten auf. Daher warte ich einfach ab, ob ich mal beide im Vergleich angeboten bekomme – dann weiß ich vielleicht mehr.

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