Mela pruinosa; ©BUND Lemgo
Mela Pruinosa: Bei dem angegebenen Namen war für mich klar, daß der heutige Apfel des Tages nur aus Rudolf Stolls (1847-1913) Österreichisch-ungarischer Pomologie stammen kann. Stolls Werk trägt durch Angabe der verschiedenen Namen der Vielsprachigkeit des habsburgischen Vielvölkerstaats Rechnung.
Der Morgenduftapfel, wie er auch genannt wird, gehört zu den Rosenäpfeln, im Gegensatz zum Namen ist er allerdings englischer Herkunft. Er soll aus Somerset stammen, 1819 wurde er zum ersten Mal erwähnt – sein ursprünglicher Name ist Hoary Morning.
Er hat einige Synonyme:
Bachelor’s Glory, Bedufteter Morgenapfel, Blendon Seedling, Brouillard, Dainty, Dainty Apple, Downey, Downy, Downy Apple, General Johnson, Harmat alma, Honeymoon, Mela pruinosa, Morgenduft-Apfel, Morgenduft, New Margil, Pruhaty ploskoun, Sam Rawling’s, Utrennyaya rosa, Webster’s Harvest Festival.
Die Abbildung Stolls zeigt eine Spalierfrucht, auf dem Hochstamm werden die Äpfel nicht ganz so groß. Es ist ein breiter, fast halbkugelförmiger Apfel, der regelmäßig geformt ist.
Die glatte und glänzende Schale ist am Baum mit einem starken blauen Duft überzogen, die Grundfarbe ist gelblichgrün. Allerdings ist der Apfel ringsum mit langen und breiten (Band-) Streifen überzogen, zwischen denen eine Marmorierung und Tupfen auftreten. Die hellgrauen Punkte fallen wenig auf.
Das gelblichweiße Fruchtfleisch ist unter der Schale schwach gerötet. Es ist fein, fest und in voller Reife recht zart. Der saftige Apfel hat einen angenehmen süßweinigen Geschmack, laut dem Artikel im „Illustrierten Handbuch der Obstkunde“ von Eduard Lucas (1816-1882) und Johann Georg Conrad Oberdieck (1794-1880) soll er sogar alantartig sein, was Stoll aber nicht bestätigen kann.
Der Geschmack kann auch heute noch überprüft werden, da britische Baumschulen ihn nich immer anbieten. Allerdings findet sich in bei der National Fruit Collection zum Apfel, neben einigen Fotos eine etwas ernüchternde Beschreibung: „Die Früchte haben festes, eher grob texturiertes, trockenes Fruchtfleisch, das nicht besonders sauer, und geschmacklos ist.“
Der Morgenduftapfel ist ab Dezember genußreif und hält sich bis in den Frühsommer. Lucas schreibt, daß er den besten Apfel im Mai aß – also nach fünf bis sechs Monaten Reifung. Das hat ja schon Käse- oder Wein-Qualität.
Stoll ordnet ihn wegen seiner Schönheit unter die Zierfrüchte ersten Ranges; und auch wenn er nicht von erster Qualität sei, so ist er in voller Reife doch eine „recht feine Frucht“. Da der Baum zudem nicht besonders empfindlich sei, rät Stoll zur Anpflanzung.
Interessanterweise habe ich bei einer deutschen Baumschule, die den Winterapfelbaum „Morgenduft“ verkauft, der US-amerikanischen Ursprungs sein soll, den Hinweis gefunden: „Nicht zu verwechseln mit dem Morgenduftapfel!“. Allerdings ähnelt der angebotene Apfel den Abbildungen bei der NFC. Also habe ich mal schnell im Rolff nachgesehen.
Auch er unterscheidet den „amerikanischen“ Morgenduft und unseren Morgenduftapfel. Der Morgenduft ist eine Zufallsmutation des (hier schon besprochenen) Rome Beauty und wurde 1820 in Ohio gefunden. Seit 1848 in den USA im Handel, fertigt Rolff ihn schnell ab: Sieht sehr gut aus, die Güte ist aber nicht befriedigend. In Europa wird er fast nur in Norditalien vulgo Südtirol angebaut. Der Morgenduftapfel dagegen ist für Rolff zwar vorwiegend ein Wirtschaftsapfel, als solcher aber sehr gut.
Merke: Morgenduft ist nicht gleich Morgenduft!
Eine Antwort auf „AdT: Mela Pruinosa – Morgenduft ist nicht gleich Morgenduft (24.07.2018)“