Der Roxbury Russet; ©USDA
Der heutige Apfel des Tages, der Roxbury Russet, hat viele Synonyme:
Boston Russet, Putnam Russet, Howe’s Russet, Belpre Russet, Marietta Russet, Russet Golden, Sylvan Russet, Warner Russet, Leather Coat, Shippen’s Russet, Russet, Warren Russet.
Was nicht erstaunlich ist, weil er als der älteste amerikanische Apfel gilt und viele „Nachkommen“ hat. Sein Ursprung liegt in Roxbury, Massachusetts, wo er innerhalb von 20 Jahren nach der Ankunft der „Pilgerväter“ auftauchte. 1649 wurde er nach Connecticut gebracht und im späten 18. Jahrhundert unter dem Namen Putnam Russet, Marietta Russet u.a. in Ohio eingeführt.
Der Roxbury und andere Russet-Sorten waren lange Zeit die beliebtesten Äpfel in den USA. Das lag unter anderem daran, daß sie sich sehr lang sehr gut lagern lassen. Noch 1905 wurde der Roxbury in den Apples of New York als der beliebteste Russetapfel genannt, der in New York angebaut wurde. Allerdings wird dort schon eine Gefahr für das Überleben am Markt genannt: Die verbesserte Kühltechnik machte es möglich, auch andere Sorten länger zu lagern und auf den Käufer*innen anzubieten. Schon damals schauten Menschen stark auf das Äußere, und da hatten die Rost- oder Lederäpfel immer weniger Chancen*. Allerdings konnten die Obstbauern die Sorten noch verstärkt in den „Export“ bringen – womit die südlicheren Bundesstaaten gemeint waren.
Die Äpfel sind meist mittel- bis groß, in Größe und Form allerdings variabel: abgeflacht, konisch, oft breit und unregelmäßig eckig, manchmal bemerkenswert elliptisch, manchmal haben sie ungleiche Hälften.
Die Schale ist, wie für die Russets üblich, zäh oder mäßig zart, manchmal beinah glatt, meist aber weitgehend mit dem namengebenden grünlichen bis gelblich-braunen Rost bedeckt. Stark gefärbte Exemplare entwickeln eine bronzene Röte, die selten zu einem Rot wird. Es gibt zudem rostbraune oder graue Punkte.
Das saftige gelbe oder grünliche Fruchtfleisch ist fest, etwas grob, wenig zart, abknackend, frisch, feinsäuerlich und gut bis sehr gut. Die Saison reicht von Dezember bis Mai, im Kühlhaus bis Juli.
Auch Creighton Lee Calhouns „Old Southern Apples“ schreibt etwas zu der alten Sorte. Wobei er mit dem nicht ganz überraschenden Lamento beginnt: Den einst so beliebten Apfel nennt er einen Outcast auf dem Markt. Heutige Konsument*innen würden solch einen rostbraunen Apfel angesichts der perfekten, glänzenden Äpfel in den Supermärkten für krank und hässlich halten. Was bedauerlich sei, weil dadurch eine ganze Familie wundervoller Äpfel durch Unwissenheit chancenlos blieben. Neben dem oft köstlichen Geschmack sei das Gefühl der rauhen Schale eines rostbraunen Apfels in der Hand ein taktiler Genuß. An einen Boskop denkend, kann ich das bestätigen.
Und auch wenn in den Apples of New York schon von unterschiedlichem Wachstum und der Entwicklung, die stark von der Region abhängt, geschrieben wurde, finde ich Calhouns Reife-Angabe mit September/Oktober doch etwas sehr früh.
Und wieder findet sich auch in Adams Blog eine lesenswerte Beschreibung.
Etwas überrascht war ich, daß es in der Agriculture Pomological Watercolor Collection des USDA nur vier Abbildungen der Sorte gibt. Der Kalenderapfel wurde 1912 in Le Roy im Genesee County, New York, von Ellen Schutt gefunden.
Die Künstlerin:
Ellen Isham Schutt (1873–1955) gehörte wie Mary Daisy Arnold, Deborah Griscom Passmore und Royal Charles Steadman zu den Illustrator*innen beim USDA und arbeitete dort von 1904 bis 1914.
Und sonst:
Bei „Rost“ denke ich oft an Richard Serras „Bramme“ auf der Schurenbachhalde – diese monumentale Stahlplatte, die noch nicht mal 14 Zentimeter dick ist, war für mich ein beeindruckendes Seh-Erlebnis.
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* Im März hatte ich zum Pile’s Russet schon etwas über die „rostigen“ Äpfel geschrieben.
© U.S. Department of Agriculture Pomological Watercolor Collection. Rare and Special Collections, National Agricultural Library, Beltsville, MD 20705
Eine Antwort auf „AdT: Roxbury Russet – der Ur-Amerikaner? (08.09.2018)“