AdT: Der Spitzwissiker (22.02.2022)

Historische Abbildung zweier gelblicher birnenförmiger Äpfel und eines Zweiges mit Blättern; BUND Lemgo
Der Spitzwissiker; © BUND Lemgo

Der heutige Apfel des Tages ist der Spitzwissiker, die Abbildung stammt aus Jakob Gustav Pfau-Schellenbergs (1815-1881) schönem Band „100 alte Apfel- und Birnensorten“, was auch am, mir sonsteher selten begegnendem Querformat, zu erkennen ist.

Zu Beginn nennt Pfau-Schellenberg einige Synonyme, auf die ich später noch komme:

Spitzweißiker, Welscher Spitzweißiker, Pfaffenapfel, Wißocher, Schaafsnase, Großer Galwyler.

Er nannte die Sorte schon länger in der Schweiz heimisch, am häufigsten fand man sie zu seiner Zeit im Kanton Zürich. Bei pro specie rara wird „um 1759“ als genauere zeitliche Eingrenzung genannt.

Wie auf der Abbildung zu sehen, ist der Spitzwissiker hochgebaut oder spitzkegelförmig. Dabei ist er nach oben langgestreckt, zugespitzt und stielbauchig (und erinnert mich mehr an eine Birne). Es sind regelmäßige, leichte Rippen zu sehen, die von der spitzen Kelchwölbung beginnend bis zur Bauchwölbung, manchmal auch darüber hinaus laufen können. Die Stielwölbung ist flach, die Stielhöhle regelmäßig, trichterförmig und ziemlich tief. Der mittelgroße Apfel ist rund 65 mm breit und 75 mm hoch.

Der Kelch ist klein, geschlossen, sitzt in einer mit Rippen und Fleischbuckeln oder Perlen umgebenen, fast flachen Einsenkung.

Die feine, grüngelbe Schale wird später weiß oder hellgelb. Sie ist glatt, dünn und fühlt sich etwas fettig an. Rostpunkte sind äußerst selten und nur sehr fein, die Stielhöhle ist figuren- oder streifenartig berostet, gerötet oder grasgrün gefärbt. Besonnte Früchte sind meist von der Stielhöhle aus rosenrot geflammt oder gestreift. Charakteristisch sind die gelblichen und schwärzlichen Punkte oder Flecken, die sich in dem Rot zeigen und mit einem mehr oder weniger verwaschenen Karminrot umkreist sind. Es finden sich auch größere, rauhe, schwarze oder graue Flecken und Rostwarzen einzeln auf fast jedem Apfel, besonders aber auf solchen nasser Jahrgänge.

Das weißliche Fruchtfleisch ist fest oder abknackend, saftreich, anfangs ziemlich sauer, bekommt später aber einen angenehm süßsäuerlichen Geschmack.

Die Äpfel reifen in der zweiten Oktoberhälfte, vor ihrer völligen Reife werden sie nicht leicht vom Winde abgeschüttelt.

Pfau-Schellenberg führt dann einen Herrn Köhler an, der den Spitzwissiker einen in jeder Beziehung ausgezeichneten Apfel nennt. Durch seine Säure ist er für die Mostbereitung sehr geeignet, zum Kochen und Dörren gut; und wenn er nach Neujahr die Säure etwas gemildert hat, eignet er sich auch für die Tafel.

Pfau-Schellenberg weist dann noch darauf hin, daß die Sorte nicht mit dem süßen Spitzwissiker verwechselt werden darf, der ihm zwar äußerlich ähnelt, der aber – nomen est omen – süßes Fruchtfleisch hat und erst ab Februar genußreif ist. Wird unser Spitzwissiker, der Ende Oktober reif ist, sorgfältig gepflückt und gut aufbewahrt, hält er angeblich bis Juni.

Der Baum wächst rasch und wird mittelgroß bis groß. Er bildet eine breitrunde, ausgedehnte, vielverzweigte, dichte, schön gewölbte, regelmäßig geschlossene Krone, die öfter gelichtet werden muß. Die Blütezeit tritt etwas spät ein, meistens erst Ende Mai. Die Blüte ist in Bezug auf Witterungsverhältnisse nicht empfindlich, wodurch der Baum jedes Jahr und jedes zweite Jahr reichlich trägt und sich gegenüber anderen Sorten auszeichnet. „In der Baumschule wachsen die jungen Bäume ausgezeichnet schön und geben gerade, kräftige Stämmchen.“

Was mich bei Pfau-Schellenbergs Eintrag wundert, sind die Synonyme: Denn er hat in seinem Band einen eigenen Eintrag für die Schafsnase, der auch deutlich anders aussieht. Einen Pfaffenapfel hat er auch, den grenzt er aber mit der Auszeichnung „süß“ ab.

Und sonst:

Bei so viel Schweiz erinnere ich heute an Endo Anaconda, der am 1. Februar 2022 gestorben ist. Der Schweizer Musiker, Schriftsteller und Mensch war besonders durch die Band Stiller Has bekannt. Mir gefielen seine Kolumnen, die in dem 2005 bei Ammann erschienen Band „Sofareisen“ (sic) und im 2011 bei Secession erschienenen Band Walterfahren gesammelt erschienen sind.

Aus Anlaß seines Todes hat der SRF Michael Hegglins Dokumentarfilm Stiller Has – Vom Blues am Alpenrand in die Mediathek gestellt.

„Zeitlupe“, die Zeitschrift der Schweizer „Pro Senectute“ stellte im Oktober 2021 5 Fragen an Endo Anaconda (hochdeutsch untertitelt).

Endo Anaconda ist im langen Interview bei Radio SRF 3 zum Ende der Band „Stiller Has“ zu hören.

Und bei der Sternstunde Philosophie von SRF Kultur sprach er 2020 über die Frage „Gibt es ein Leben vor dem Tod?“.

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