Duke of York, ©USDA
Der heutige Apfel des Tages, der Duke of York, war mir zunächst ein kleines Rätsel. Da das Kalenderblatt von Amanda Almira Newton 1913 im Sangamon County, Illinois, angefertigt wurde, habe ich erst einmal Creighton Lee Calhouns „Old Southern Apples“ und die Apples of New York konsultiert – vergeblich. Über kleine Umwege wurde ich dann bei deutschen Pomologen fündig, die ihn als Herzog von York führten.
Im 1837 erschienenen ersten Band des „Systematischen Handbuchs der Obstkunde, nebst Anleitung zur Obstbaumzucht und zweckmäßiger Benutzung des Obstes“ über Kernobstfrüchte von Johann Georg Dittrich (1783-1842) beginnt die Beschreibung so:
Eine mittelmäßige, oft wirklich große, sehr schöne Winter-Tafelfrucht, und zu jedem Gebrauche gleich gut. Oft hat sie von der weißen französischen Reinette etwas Ähnliches, an Grösse und Form neigt sie sich aber doch mehr zur Kugelform.
Christian Eduard Langethal (1806-1878) beginnt in seinem Deutschen Obstcabinet, das ebenfalls 1837 erschien, mit
Eine mittelmässig, oft wirklich grosse, sehr schöne Winterreinette für die Tafel und für jeden andern Gebrauch. Oft hat sie mit der weissen französischen Reinette etwas Aehnliches an Grösse und Form, neigt sich aber doch in ihrer Vollkommenheit gerne zu einer Kugelform.
Was fällt uns auf … Die Texte ähneln sich bis hin zu Ausdrücken wie „Carmoisin-Streifchen“.
Daher habe ich das Original gesucht und bei Adrian Diel (1756-1839) im 1801 erschienenen 4. Bändchen des „Versuchs einer systematischen Beschreibung in Deutschland vorhandener Kernobstsorten“ gefunden. Diel schreibt 1801, daß dieser Apfel nirgends sonst (in der Literatur) vorkäme, lediglich Professor van Mons hätte den Apfel als Duc of York in seinem Obstbaum-Katalog beschrieben – leider ohne Angabe der Herkunft. Und Diel setzt dann mit den schon wohlbekannten Worten fort:
„Eine mittelmäßig, oft wirklich große, sehr schöne Winterreinette für die Tafel und für jeden andern Gebrauch.“
Es scheint, daß „freundliche Aneignung“ zu der Zeit kein Problem war. Der zweite Satz über die runde Form ließ mich dann aber doch zweifeln, ob es der richtige „Duke“ sei. Und dann fand sich bei der National Fruit Collection der Hinweis, daß der bevorzugte Name für einen Duke of York der Rymer sei. Und unter diesem Namen fanden sich dann doch passende Informationen.
Im 1822 erschienenen Band III der „Transactions of the Horticultural Society of London“ berichtet der Stellvertretende Sekretär John Turner über die im Verlauf des Jahres 1818 eingesandten Früchte. Darunter befand sich auch der Rymer:
Benannt nach dem Züchter Rymer aus Thirsk, Yorkshire, ist es ein gutaussehender, mittelgroßer Apfel. Die Grundfarbe der Schale ist ein leuchtendes Grün, das sich zu einem Gelb wandelt und deutliche rote Streifen und Rostflecken zeigt. Das gelbliche, zarte Fruchtfleisch ist saftig und hat einen leicht säuerlich-erfrischenden Geschmack, der sich beim Backen noch intensiviert. Geschmacksreif ist er im November und Dezember.
Und nebenbei fand ich die „Free Settlers“: Rowena und Grant, die beide langjährige Erfahrung im Obstbau haben, gründeten 2012 auf Tasmanien die Free Settlers Historical Plant Nursery, auf der sie sich um alte Obstsorten (und alte Pferde) kümmern. Dort haben sie auch den Rymer im Bestand. In Australien finden sich dann noch einige Hinweise auf den Rymer, der aus dem Mutterland mit ausgewandert zu sein scheint. Daher ist es jetzt doch nicht mehr so ungewöhnlich, daß es vereinzelt auch Bäume in die USA geschafft haben.
Die Künstlerin
Amanda Almira Newton (ca. 1860-1943) arbeitete von 1896 bis 1928 als Illustratorin für das USDA. Sie war eine der produktivsten Mitarbeiter*innen (von denen es über 50 gab), mehr als 1.200 Aquarelle sind in der Sammlung erhalten. Außerdem hat sie rund 300 Wachsmodelle von Früchten hergestellt. Die Illustrationen und Wachsmodelle sollten vor allem den Obstbauern, die in den USA gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Plantagenbetrieb begannen, als Anschauungsmaterial dienen.
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© U.S. Department of Agriculture Pomological Watercolor Collection. Rare and Special Collections, National Agricultural Library, Beltsville, MD 20705