AdT: Holsteiner Rosenhäger (13.09.2022)

Historische Abbildung eines roten und eines aufgeschnittenen Apfels
Holsteiner Rosenhäger

Der heutige schöne Apfel des Tages ist der Holsteinische oder Holsteiner Rosenhäger. Die Kalender-Abbildung stammt allerdings nicht aus der „Deutschen Pomologie“ von Wilhelm Lauche (1827-1883), sondern aus den Pomologischen Monatsheften, genauer aus dem 1897 erschienenen Band 43.


Beschrieben wurde der Apfel von einem „E. Lesser, Prov. Wanderlehrer für Obstbau in Kiel“. Ich vermute, daß das „Prov.“ sich auf „Provinz“ oder „Provinzial“ bezieht und sein Zuständigkeitsgebiet als Wanderlehrer beschreibt. Wanderlehrer hatten besonders in der Agrarrevolution im 18. und 19. Jahrhundert die Aufgabe, Landwirten spezielles Fachwissen zu vermitteln und sie zu beraten.

Lesser vermutet – was bei dem Namen nicht überrascht – die Heimat des Apfels aller Wahrscheinlichkeit nach in Holstein; es könnte ein Sämling eines Prinzenapfel sein. Ihm ist nur eine Beschreibung vom Pomologen Christian Cay Lorenz Hirschfeld (1742-1792) bekannt.

Wie an der schönen Abbildung zu erkennen, ist es ein hochgebauter, zugespitzter, mittelgroßer Apfel. Lesser vergleicht seine Form mit dem Dithmarscher Paradiesapfel.

Der halboffene bis geschlossene Kelch sitzt in einer kleinen, schüsselförmigen, mit einigen flachen Rippchen versehenen Kelchhöhle. Die braunen, schmalen Kelchblättchen sind fein silberweiß behaart.

Der holzige, dünne braune Stiel ist ca. 15 mm lang und sitzt in einer nicht zu tiefen Stielhöhle.

Die feine grüne Schale, die später in schönes Golbgelb übergeht, ist auf der Sonnenseite bräunlichrot, mit noch dunkleren Streifen darin, die meisten Äpfel sind vollständig dunkelrot marmoriert und gestreift, so daß von der grünen Grundfarbe kaum etwas zu sehen ist. Es sind zahlreiche kleine, feine, bräunliche Punkte zu sehen, die von einem weißlichen Hof umgeben sind. Auch sind einige graubraune Warzen nicht selten.

Das weiße, unter der Schale etwas gelblich scheinende Fruchtfleisch ist fein, zart, saftreich und von gutem, süßweinigem, rosenähnlich gewürztem Geschmack.

Das auffallend kleine, halboffene Kerngehäuse enthält kleine, dickbauchig rundliche, hellbraune Samen. Die Kernhausader ist langgestreckt, birnförmig und tritt als grünlichgelbe Linie hervor.

Die Äpfel halten sich, wenn sie Anfang bis Mitte Oktober gepflückt werden, bis Ende Dezember, Anfang Januar.

Der wächst kräftige und gesunde Baum bringt eine regelmäßige Tragbarkeit, liebt guten, nahrhaften Boden und etwas Feuchtigkeit.

Lesser fügt noch eine Schlußbemerkung dazu: „Ich erhielt die Früchte von Herrn Hofbesitzer I. Mackeprang aus Meeschendorf auf der Insel Fehmarn. Diese sehr alte, vorzügliche Sorte, die in den bekannten pomologischen Handbüchern nicht beschrieben ist, verdient weiter verbreitet zu werden.“

In seiner Beschreibung des Roten Kriegers nennt Jens Meyer als mögliches Synonym auch den Holsteiner Rosenhäger – allerdings mit einem Fragezeichen versehen. Ich habe keinen Hinweis auf einen aktuellen Bestand gefunden. Ein Kleinanzeigen-Angebot hat sich wohl als Fehlbestimmung herausgestellt, jedenfalls werden die Äpfel inzwischen als „Maren Nissen“ angeboten. Die haben schon eine Ähnlichkeit, allerdings ist der Maren Nissen ein Sommerapfel, der nur bis September hält.

Und sonst:

Die Pomologischen Monatshefte wurden vom Deutschen Pomologen-Verein herausgegeben. Dieser wurde von Eduard Lucas (1816-1882) gegründet. Lucas war bis zu seinem Tod mit Johann Georg Conrad Oberdieck (1794-1880) auch der Herausgeber. Danach übernahm sein Sohn Friedrich Lucas die Herausgeberschaft.

Und wenn wir mit dem Holsteiner Rosenhäger schon hoch im Norden sind, verweise ich gern auf den Bericht „Neue alte Obstbäume in Eckernförde“ (PDF) von Michael Packschies über ein interessantes Streuobstwiesen-Projekt in Eckernförde.

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