Lütticher Ananas-Calvill; © BUND Lemgo
Auf den heutigen Apfel des Tages habe ich lange gewartet, weil sein Name einfach so lecker klingt: Lütticher Ananas-Calvill. (In Lüttich habe ich mein erstes Éclair gegessen.) Die Abbildung stammt unverkennbar aus der „Österreichisch-Ungarischer Pomologie“ von Rudolf Stoll (1847-1913), er hat den Baum im niederösterreichischen Klosterneuburg gezogen.
Er nennt die Lütticher Ananaskalvill eine sehr wertvolle Frucht, die häufig angepflanzt werden sollte, denn in Klosterneuburg habe sie sich in jeder Hinsicht bewährt. Zumal die Äpfel trotz ihrer feinen Schale einen Transport gut überstehen und daher auch für den Handel geeignet seien.
Die Form ist breit kegelförmig, der Bauch sitzt zum Stiel hin, um den die Frucht sich breit und flach abrundet, so dass sie sehr gut aufsitzt. Zum Kelch hin verjüngt sie sich, durch ihre Form unterscheidet sie sich gut erkennbar vom Belgischen Ananas-Apfel.
Belgischer Ananas-Apfel, ebenfalls von Stoll; ©BUND Lemgo
Von der recht engen und tiefen Kelchsenkung gehen viele feine Rippen aus, die sich zum Teil noch sehr deutlich über die ganze Frucht hinziehen. In der Stielhöhle zeigt sich meist viel Rost, der oft noch in Strahlen über die Stielwölbung hinausgeht.
Die feine, geschmeidige Schale ist zunächst noch etwas fettig, was aber mit vollständiger Reife verschwindet. Die Grundfarbe ist strohgelb bis goldgelb, das häufig mit einem matten Grün überzogen ist. Rot kommt nicht vor – auch das ein Unterschied zum Belgischen Ananas-Apfel. Es gibt feine weißliche Punkte, die kaum ins Auge fallen; abgesehen vom Rost in der Stielhöhle gibt es zuweilen auch feine Rostfiguren.
Das weiße Fruchtfleisch ist fein und saftig, es hat einen schwach ananasartig gewürzten und weinartigen Zuckergeschmack, dabei einen feinen Geruch. Andere Beschreibungen nennen den Geschmack alant- oder quittenartig.
Die Genußreife beginnt ab November / Dezember und hält sich den ganzen Winter hindurch. Der Apfel ist eine sehr gute Tafel- und Wirtschaftsfrucht und, wie erwähnt, für den Handel geeignet. Nach Johann Georg Conrad Oberdieck (1794-1880) können die Äpfel durchaus früh geernet werden. Der Baum bringt schon früh sehr guten Ertrag und ist sehr gesund.
Ergänzung:
Da gefragt wurde, ob die Sorte noch erhältlich ist, habe ich mal etwas gesucht. Die Sorte steht auf der Roten Liste der Nutzpflanzen und nicht als „erhaltenswert“ verzeichnet.
Das Obstparadies Bamberger Land hat 2012 einen Streuobstlehrpfad des Kreisverbands eröffnet, auf der Seite gibt es aktuelle Fotos der Sorte und einen Kontakt.
Ebenfalls in Franken gibt es die Sorte beim Projekt „1000 Obstbäume“, dort ist sie beim Fischbrunner Anger zu finden. Franken hatte ich ja schon als Paradies für Alte Sorten genannt.
Und im November 2017 wurde ein Baum beim Arche Bauernhof Erlangen Stadt und Land e. V. gepflanzt, mit etwas Geduld könnte da vielleicht mal eine Kostprobe abfallen.
Lieben Dank für diesen wunderbaren Kommentar.
Ich habe die Ehre einen Apfelbaum pflanzen zu dürfen….und habe nun die Qual der Wahl….Rote Sternrenette…oder…oder…
Ich habe so eine Freude über die Alten Apfelsorten nachzulesen…und mein Traum ist es, irgendwann eine eigene Streuobstwiese mein eigen nennen zu dürfen…in Nordhessen könnte ich es evtl. verwirklichen,
Beste Grüße,
Doris Schrader
Liebe Frau Schrader, ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Auswahl und beim Großziehen eines Apfelbaums. Bei uns schießt gerade ein kleines Bäumchen aus dem Topf, das ich im vergangenen Jahr aus einem Kern gezogen habe – bei uns wird es bis zur ersten Ernte noch etwas dauern. Und eine Streuobstwiese wäre natürlich großartig, da drücke ich Ihnen die Daumen, daß es klappt.