AdT: Baddow Pippin – mit inneren Werten (14.01.2022)

Historische Buchseite mit der Abbildung eines grün-rötlichen Apfels, einer Schmuckbordüre und eines Textes; Biodiversity Heritage Library
Der Baddow Pippin; © Biodiversity Heritage Library

Das Jahr geht im Apfel-Kalender sehr abwechslungsreich los und bringt nicht nur neue alte Sorten, sondern auch neue Quellen. Nach der Pomologie Française und der Herefordshire Pomona kommt heute mit The Fruitist schon die dritte Sammlung, die ich in meinem Blog bisher noch nicht hatte. Und auch die Art der Abbildung gab es so bisher noch nicht zu sehen.

Während bisher – wohl aus drucktechnischen Gründen – die farbigen Abbildungen auf eigenen Tafeln in die Bücher eingebunden oder in eigenen Bänden versammelt waren, zeigt „The Fruitist“ den Apfel im laufenden Text integriert. Was ich ganz reizvoll finde.

Aber jetzt erst einmal zum heutigen Apfel des Tages, dem Baddow Pippin. Er ist auf jeden Fall ein Apfel „mit Charakter“.

Ähnlich sah es der Verfasser des Artikels, Benjamin Maund. In einer leicht humorigen Weise beginnt er seine Beschreibung mit dem Äußeren:

Wie bei der Menschheit, so ist es bei den Früchten, sie müssen zuerst durch das Auge gefallen oder lange vernachlässigt bleiben. Der Baddow Pippin wird seine Freunde niemals durch seine äußeren Qualitäten vergrößern; niemand kann ihn jedoch kosten, ohne ihn sofort für erstrangig zu erklären. Noch nie haben wir einen Apfel gesehen, der so unattraktiv im Aussehen und gleichzeitig so hervorragend in der Qualität ist.

Das vorgestellte Exemplar wurde „von unserem vielgeschätzten Korrespondenten Mr. Rivers aus Sawbridgeworth“ vorgestellt. Ein in vielen Schriften übliches Prozedere. Mr. Rivers wiederum hatte seine Äpfel von einem Mr. Harris aus Broomfield Nursery in der Nähe von Chelmsford erhalten, der auch weitere Informationen lieferte.

Der ursprüngliche Baum, der um 1850 schon mindestens dreißig Jahre alt war, wuchs in Little Baddow in der Nähe von Chelmsford in Essex; allerdings war seine Abstammung und der ursprüngliche Züchter unbekannt. Der Baum ist von „hübschem kreisförmigem, kompaktem Wuchs“; er trägt jedes Jahr Früchte, und wenn auf bestimmte Stämme gepfropft, erhält man klein wachsende Bäume, die für kleine Gärten ideal seien.

Die Sorte wurde „Spring Ribston Pippin“ genannt; da dieser Name aber kaum verbreitet und etwas befremdlich sei, hat Benjamin Maund ihn nach dem ursprünglichen Ort Baddow Pippin benannt.

Die Form ist abgeflacht, kantig und unsymmetrisch. Die grünlich-gelbe Schale ist unregelmäßig mit dünnem Rotbraun gesprenkelt, vermischt mit rotbraunen Sprenkeln. Der kurze Stiel liegt in einer tiefen, schmalen Höhlung.

Das weiße, glatte Fruchtfleisch ist süß mit einer angenehmen milden Säure. Es hat einen überaus aromatischen Geschmack, der an den Ribston Pippin (den habe ich hier besprochen) und den Margil erinnere, auch wenn die Unterschiede zwischen diesen Sorten augenfällig sei.

Die Zeichnung des Apfels wurde im Januar gemacht, seine Qualität hat sich damals bewährt; es hat sich herausgestellt, dass der Baddow Pippin ein sehr gut zu lagernder Apfel ist, der von Dezember bis Juni sehr gut genießbar ist. Zudem ist er gut für Obstbauern geeignet ist, da die Äpfel Verpackung und Transport ohne den geringsten Anschein von Beschädigung überstehen.

Mich hat der Artikel von Benjamin Maund sehr angesprochen. Maund lebte von 1790–1863. Er war Apotheker, Botaniker, Drucker und Buchhändler, der vor allem als Herausgeber mehrerer botanischer Zeitschriften mit Farbtafeln bekannt war.

Die berühmteste war „The Botanic Garden“, die er ab 1825 herausgab. „The Fruitist“ (oder vollständig: „The Fruitist. A Treatise On Orchard And Garden Fruits, Their Description, History, And Management.“) erschien als Fortsetzung dieser Reihe. Hiervon schuf er auch eine „Crown Edition“, bei der Maund die Gestaltung änderte: Statt, wie sonst üblich, mehrere Früchte auf einer Tafel zu versammeln, präsentierte er die Früchte einzeln und in den jeweiligen Artikel intergriert.

Die handkolorierten Holzstiche wurden von mehreren Künstler*innen geschaffen, darunter von der bedeutenden Augusta Innes Withers (1792-1877) und von Maunds Tochter. Insgesamt sind 34 Äpfel, 24 Birnen, 6 Pflaumen, 3 Stachelbeeren und 7 andere Früchte zu sehen. Und jede Frucht war von einer schönen floralen Bordüre gerahmt, wie es auch auf der Abbildung zu sehen ist.

Und sonst:

Pippin (oder Pepping), von denen hier schon zahlreiche Sorten ist der Sammelname verschiedener englischer Apfelsorten. Zumeist Winteräpfel, gehören sie überwiegend zu den Renetten oder den Calvillen. Wegen der langen Haltbarkeit waren sie besonders im 19. Jahrhundert beliebt, als die Langzeit-Lagerung von Obst noch komplizierter war als heute.

Und als Rausschmeißer verweise ich auf Gladys Knight & The Pips mit The Midnight Train To Georgia – immerhin ist Georgia auch eine nicht ganz unwichtige Apfel-Gegend.

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