AdT: Was lange währt – Langdauernder roter Hartapfel (03.01.2022)

Historische Abbildung zweier roter und eines aufgeschnittenen Apfels; BUND Lemgo

Langdauernder roter Hartapfel; © BUND Lemgo

Der heutige, schöne Apfel des Tages ist der Langdauernde rote Hartapfel, die Abbildung stammt aus dem Deutschen Obstcabinet (PDF, S. 730ff.) von Christian Eduard Langethal (1806-1878). Das „langdauernd“ leitet sich nicht vom lang dauernden Wachsen ab, sondern von der langen Haltbarkeit des Apfels.

Langethal verortet die Sorte in Thüringen, dort wäre sie allerdings oft namenlos verbreitet und würde deshalb wenig beachtet. Er verweist zudem auf den Schweizer Arzt und Botaniker Johann Bauhin (1541-1613), der die Sorte möglicherweise bereits als Duracinum acido-dulce, Rothhärtling oder Härtling vom Walde u.a. kannte.

In seiner Beschreibung greift Langethal auf Adrian Diel (1756-1839) zurück, um zu prüfen, ob der ihm vorliegende Apfel tatsächlich der „Langdauernde rote Hartapfel“ sei.

Nach Diel sei die Sorte ziemlich platt, doch immer unregelmäßig, auf einer Seite niedriger und dabei breitgedrückt. Diel nennt eine Breite von 3,75 bis 4 Zoll und eine Höhe von 3 Zoll, an alten Bäumen bleibe er kleiner. Da dies wie auch die weitere Beschreibung Diels übereinstimmt, hält Langethal seine Exemplare für die richtigen. Von da an beschreibt er nach eigener Ansicht:

Der Kelch ist klein und sitzt in einer nicht tiefen, geräumigem mit feinen Falten umgebenen Einsenkung, auf deren Rand sich feine Rippen bilden, die nachher breit und stark über die Frucht hinlaufen, wodurch die Form unregelmäßig wird. Der Stiel ist ziemlich stark, ragt wenig oder nicht über die Frucht hervor und steht in einer tiefen, oft sehr geräumigen, mit sternförmigem Roste bekleideten Höhle.

Die Grundfarbe der nicht fettigen Schale ist gelbröthlich, doch ist sie fast ringsum mit verwaschenem Blutroth überdeckt, was nach der Schattenseite zu mehr streifig wird. Dazwischen gewahrt man feine gelbgraue Rostflecken und viele starke, runde, weißgraue Punkte. Das Fleisch ist weiß, bei Äpfeln, die ein Jahr liegen, ist es etwas grünlichweiß, sehr fest, etwas grobkörnig, wenig saftig und ohne Gewürz, aber auch ohne Säure, süßlich fade. Der wenige Saft schwindet auch im Alter nicht, wird fast etwas reichlicher, nimmt aber bei schlechter Aufbewahrung einen Lagergeschmack an.

Das Kernhaus ist geschlossen, die nicht sehr großen Kammern enthalten wenige,
doch meist langgespitzte schwarzbraune Kerne.

Diel zählt die Sorte zu den Rambours. Sie reift im Januar, verbeitet im Liegen keinen Geruch, welkt auch nicht, hält sich aber volle anderthalb und bei guter Aufbewahrung selbst 2 Jahre, ohne sein frisches Ansehen zu verlieren, wodurch er in etwa eintretenden Mißjahren für die Wirtschaft sehr schätzenswert sei.

Der Baum bringt gute Ernten, verträgt auch in der Blütezeit rauhe Witterung, wird groß und sehr alt.

Und sonst:

Weil auch der langdauerndste Apfel einmal nicht mehr ist – besonders, wenn ein Wurm in der Nähe ist –, wird es heute konkret-poetisch und internetzig.

Der 1934 geborene und 2004 gestorbene Reinhard Döhl war Medienwissenschaftler und Professor für Germanistik in Stuttgart. Er war Spezialist für das Hörspiel, hat selbst auch zahlreiche Radioarbeiten geschaffen. Zudem war er Gesamtkunstwerkforscher und Spezialist für die Dada-Kunst.

Reinhard Döhl gehörte der Stuttgarter Schule (die nichts mit Fanta 4 zu tun hat) um Max Bense an. Als bildender Künstler arbeitete er im Bereich der konkreten Poesie und der Collage sowie als Mail Artist.

Und da schlage ich den Bogen zum Apfel-Blog: 1965 entstand sein konkretes „apfel mit wurm„-Gedicht, das sich in vielen Schulbüchern findet.

Sehr früh, ab 1996, arbeitete Döhl zudem mit und zum neuen, für ihn „dialogischen“ Medium Internet. Womit ich dann noch einen Apfel dazu lege und auf Johannes Auer verweise, der die Internet-Arbeit „worm applepie for doehl“ – ähm: programmierte.

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