Der Belleflower, 1905 von Deborah Griscom Passmore illustriert; ©USDA
Als ich sah, daß der heutige Apfel des Tages beim USDA zu finden ist, freute ich mich auf einen schnellen Beitrag. Abbildung besorgen, ein paar Fakten suchen, fertig. Tja, Pech gehabt. Denn der Belleflower ist wohl ein Top-Model, das auch in Europa für Furore sorgte und zu dem sehr viel veröffentlich wurde. Die zahlreichen Abbildungen beim BUND Lemgo zeugen davon.
Dafür spricht auch die große Zahl an Synonymen, die ich bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung gefunden habe:
Metzgers Calville, Schafsnase, Belleflower, Jellow belle flower, Linnoeus Pippin*, Blumen-Calvill, Thüringer Gravensteiner, Belle Flavoise, Bellflower, Gelber Belle-Fleur, Gelber englischer Schönblühender, Lady Washington, Lincoln Pippin, Metzgerapfel, Yellow Bellefleur, Yellow Bellflower, Warren Pippin, Washington, Weißer Metzgerapfel, Frumos Galben, Jioltii Belflior, Jolt Belflior, Kraskvet Zluty, Lepocvetka, Pepina Linneusza, Sarga Szepviragu, Weidenapfel
Leider steht der Apfel auf der Roten Liste der gefährdeten einheimischen Nutzpflanzen in Deutschland.
Und da interessiert mich doch: Wieso werden Apfelsorten irgendwann nicht mehr angebaut? Bei „mittleren“ Sorten ist das ja nachvollziehbar, aber der Gelbe Bellefleur, wie er in Deutschland heißt, scheint ein Premiumprodukt zu sein, der Apfel ist dazu lange lagerbar. Geerntet im Oktober, ist er von November bis März oder April genußreif. Der Baum trägt recht bald und gut, ist vom Boden her aber wohl anspruchsvoll.
Der Apfel stammt aus Burlington, New Jersey, und wurde nach seiner schönen Blüte benannt. Die Gebrüder Baumann, die in Bollwiller / Bollweiler (Elsaß, heute Haut-Rhin) eine Baumschule** betrieben, bezogen ihn direkt aus Amerika und sorgten für die Verbreitung. 1834 erhielt der Schwetzinger Garteninspektor Johann Christian Metzger den Baum – er nannte den Apfel scherzhaft „Metzger’s Apfel“, der Name ist noch heute in der Region gebräuchlich.
1874 wurde der Gelbe Bellefleur auf Anraten des Pomologen Wilhelm Lauche in der 7. Versammlung deutscher Pomologen unter die 50 zur allgemeinen Anpflanzung empfohlenen Sorten aufgenommen; Lauche hielt ihn auch für leichten oder mittelmäßigen Boden geeignet, was ich bei anderen Beschreibungen allerdings nicht wiederfand.
Bei Lauche ist ebenfalls nachzulesen, daß die Einordnung nicht unumstritten war. Gustav v. Flotow (1789-1864) stellte ihn im „Illustrierten Handbuch der Obstkunde“ (PDF) unter die Gulderlinge, Franz Jahn (1806-1867) dagegen zählte ihn unter die Calvillen.
Die glatte Schale des mit Rippen versehenen Apfels ist wenig geschmeidig, etwas glänzend, welkt nicht und hat keinen Geruch. Sie ist zitronengelb, auf der Sonnenseite rötlich. Sie hat eine deutliche Punktierung.
Das saftige, süßlich duftende Fruchtfleisch ist gelblichweiß, feinzellig, bei zunehmender Reife mürbe. Der Geschmack geht ins renettenartige, leicht würzig-weinartig mit etwas Süße; Lauche nennt ihn auch quittenartig. Die Säure geht bei der Lagerung zurück.
Interessant finde ich die Beschreibung in den „Apples of New York“ von 1905. Während die europäischen Pomologen den Apfel doch sehr lobten, wird er hier nicht uneingeschränkt empfohlen. Die Früchte wären in der Größe doch sehr unterschiedlich, sodaß die Klassifizierung aufwendig sei; zudem wäre ein relativ großer Prozentsatz der Früchte für den Verkauf zu klein. Auch müssten die Früchte bei Ernte und Lagerung sehr vorsichtig behandelt werden, weil sie sonst leicht Druckstellen bekämen. Auch sei der Baum nicht überall für den kommerziellen Anbau geeignet.
Hier zeigt sich, daß die „Apples of New York“ eher aus wirtschaftlicher als aus pomologischer Sicht verfaßt wurden – kein Wunder, wurde das Werk doch vom Landwirtschaftsministerium des Staates New York herausgegeben. Diese wirtschaftlichen Einschränkungen könnten meine oben gestellte Frage beantworten, warum die Sorte in Deutschland auf der Roten Liste steht.
Die Künstlerin
Deborah Griscom Passmore (1840–1911) war eine der Illustratorinnen des USDA, dort leitete sie die Pomologische Abteilung. Bis heute gilt sie als eine der wichtigen Künstlerinnen in diesem Bereich.
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* Dieser Name wurde zu Ehren des schwedischen Botanikers Carl von Linné gegeben
** Die Pépinières Baumann (frz.) wurde um 1740 gegründet, durch die Brüder Joseph-Bernard (1775-1859) und Augustin (1779-1867) expandierte sie sehr stark; erst 1992 wurde sie aufgegeben.
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© U.S. Department of Agriculture Pomological Watercolor Collection. Rare and Special Collections, National Agricultural Library, Beltsville, MD 20705
Eine Antwort auf „AdT: Belleflower – Pech gehabt (13.03.2018)“